Für die Trainer - so deren Ansage - würde das Pokalviertelfinale gegen den Seriensieger TVV Neu Wulmstorf ganz sicher das entspannteste Spiel der Saison werden. Sollte der Kreisligist eine "Nummer zu groß" für die MTVler sein, wäre danach eben weiter dran zu arbeiten. Kein Problem. Umgekehrt gelte es nun idealerweise sich selbst zu zeigen, dass man hier "auf Augenhöhe" mithalten kann. "Und genau das werdet Ihr heute tun!" Kein Verstecken, kein Reisebus vor dem Tor parken o.ä.. Man muss ja nicht unbedingt gewinnen. "Aber man darf!" Dazu hatte "Chef-Scout" Bent Boel den Gegner zuletzt angeschaut und gute Hinweise mitgebracht, sodass die Luhdorfer bestens vorbereitet waren. Dem aufmerksamen Stammgast am Höllenberg dürfte auch aufgefallen sein, dass die Heimelf zwar im gewohnten System agierte, jedoch gegen den Ball veränderte Positionierungen einnahm. Da im Pokal mit Linienrichter gespielt wird, schoben die Innenverteidiger gegen den erwarteten Zweier-Sturm der Gäste höher und ohne Absicherung. Vor falschen Abseitsentscheidungen musste man ja kaum Sorge haben. Beide Außenverteidiger rückten zudem wenn möglich weit ein. Ebenso die Flügelspieler. Bei Angriffen durch die Mitte erreichten die MTVler so meistens Überzahl und schlossen die Passwege.
Nach etwas ruckeligen ersten zehn Minuten funktionierten die geänderten Abläufe zusehends besser und die Mitte war zu. Sobald der TVV den Weg über die Flügel suchte, machte Kapitän Leo Clauer den Weg zum Ball und sofern auch ein Innenverteidiger rausgezogen wurde ließ sich Mittelfeldkollege Hendrik Arndt in die Abwehrlinie zurückfallen oder umgekehrt. Oft blieb den Gästen dann nur der lange Ball, mit dem dann aber Cedric Schulenburg und Serhat Ataykaya zumeist wenig Mühe hatten. Man selbst wollte gegen die Abwehr der Gäste wenn möglich auf weite Pässe verzichten. Dazu spielte Sascha Krause überraschend auf der Mittelstürmerposition, während Stürmer Marc-André Böhme dafür im offensiven Mittelfeld agierte. Das klappte prima. Krause konnte häufig zwei Gegenspieler binden und machte die Bälle perfekt fest. Böhme setzte sich dann ab und war tief anspielbar. Das ganze funktionierte, weil sich jeder Spieler diszipliniert an die Aufgaben hielt und es diesmal nur wenige Ballverluste im Aufbauspiel gab. Allein Arndt hatte mittig enorm viele Ballkontakte und schaffte dabei wohl eine Passquote nahe der 100%. Ebenso hoch schien die Zweikampfquote von Clauer und Jannis Jobmann, die viele starke Balleroberungen verzeichneten. Im ersten Durchgang kam der Kreisligist zu keiner Torchance und die MTVler immer sichtbarer zu leichten Feldvorteilen. Für einen eigenen Treffer brauchte es aber eine Standardsituation des "Dienstältesten" und etwas Glück.
Dass Krause aus etwa 30 Metern wirklich direkt abziehen würde, glaubten wohl allenfalls seine Mitspieler. Denn die Alibi-Zwei-Mann-Mauer der Gäste war dafür doch etwas dünn. Also kam der Flatterball als ziemlich fieses Ding auf den überraschten TVV-Keeper zugeflogen und setzte auch noch kurz vor ihm auf. Klar sah er nicht gut dabei aus, als der Ball zum 1:0 einschlug (35.). Aber, Ehrenrettung, leicht zu halten war die Kugel sicher nicht, zumal vier MTVler schon auf den Abpraller lauerten. Spätestens jetzt war klar, dass der Klassenunterschied obsolet war und es nun eine typische Pokalschlacht geben würde. Kurz vor der Pause hätte Janning Dreusicke auf prima Vorarbeit von Henri Manewald fast auf 2:0 gestellt ... nagelte aber gegen den Pfosten. Halbzeit. "Dass Ihr mithalten könnt, habt Ihr gezeigt. Nun zeigt, dass Ihr hier auch gewinnen könnt!" Viel musste nicht gesagt werden. Nur der Hinweis, dass die kommenden 15 Minuten für den Kopf intensiv werden. Insbesondere wenn die Gäste den Ausgleich erzielen. Natürlich kam der TVV mit Wechseln und Willen aus der Kabine und setzte nach etwa einer Stunde den Ausgleich. Sie brauchten dazu lediglich eine Chance (62.). An dieser Effektivität kann die junge MTV-Truppe sicher noch arbeiten. Noch schlimmer: Nur fünf Minuten später wurde Keeper Robin Hoffmann schwer am Kopf getroffen und musste mit Nasenbruch und stark blutend ins Krankenhaus (es wäre schöner gewesen, wenn der TVV-Stürmer d´rüber gesprungen wäre. Aber ging vielleicht auch nicht.). Die Luhdorfer wackelten jedenfalls kurz. Aber nun mit Niklas Rudolph im Kasten war es keinerlei Nachteil und das Team fing sich schneller als erwartet.
In dieser Phase nahm insbesondere der erfahrene Sven Netzlaff das Spiel in die Hand, zog als Rechtsverteidiger die Bälle im Spielaufbau an sich, schüttelte oft mehrere Gegenspieler ab und verschaffte den jungen Mitspielern somit gute Räume, um selbst wieder ins Spiel zu kommen. Und auch die Wechsel griffen. Mit Arndt und Krause gingen nun zwei sichere Elfmeterschützen raus, womit die Trainer auch zeigten, dass sie noch auf einen Sieg und nicht unbedingt auf ein Shoot-Out setzten. Mit Sammy Boel und Marius Koch kamen zwei glasklare Offensivleute. Jobmann rückte auf die "6" und Manewald von rechts vorne nach links hinten. Wohl dem, der so flexible Mannschaftsspieler im Team hat. Das Zwischenhoch des TVV war passé und die Luhdorfer drückten auf den Sieg. Clauer und Koch standen extrem knapp davor. Aber der Kreisligist rettete sich ins Elferschießen. Auch hier war den Blau-Weißen anzumerken, dass die Freude über den eigenen guten Auftritt stärker war als die Last eines Elfmeters. Gleich den ersten Ball des TVV hielt Rudolph. Und wie. Einen derart gut geschossenen und hoch angesetzten Strafstoß zu parieren ist außergewöhnlich. Ebenso erstaunlich, dass sich keine Verunsicherung einstellte als auch der erste MTV-Versuch auf dem B-Platz landete. Der erfahrene Serhat Ataykaya (96er) krönte seine prima Leistung und verwandelte danach sicher. "Können wir doch," hieß das für die anderen. Danach wurden die Schützen jünger. Dreusicke (Jg. 2000) tat es ihm nach. Ebenso Boel (2003). Dann gab es den zweiten Gästefehlschuss und es trat mit Schulenburg (2004er) nun der jüngste MTVler zur Entscheidung an ... und verwandelte zum Halbfinaleinzug.